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179. Pflichterfüllung.
\. Xpas die Natur dir hat ge
geben,
benutz' dein zugewognes Teil,
2. ijaft mit der Kraft, der ganzen,
vollen,
du treu geschafft zum tjeil der Welt,
benutz' es durch dein ganzes Leben ! war gut und rein dein streben, Wollen,
zu deiner Bruder Glück und £)eil! hat Tdles dir die Brust geschwellt,
Z. dann darfst gehobnen Hauptes wallen
du freudig deinem Ziele zu.
dann ist der Größte unter allen
nicht größrer Ehre wert als du!
Emil Ritters ha us.
180. Von Kleidern.
1. Wenn du einen Flecken an deinem Kleide oder irgendwo
einen Riß hast, denkst du oft: „Pah, das sieht man nicht, und die
Leute haben anderes zu tun, als immer alles an mir auszumustern.“
— Du gehst dann frank und frei herum, und es kann oft sein, du
hast recht; es sieht niemand den Flecken und den Riß. Wenn du
aber etwas Schönes auf dem Leibe hast, sei es nun ein schönes Hals-
tuch, oder ein frisches Plemd mit weißer Brust oder gar eine goldene
Nadel und dergleichen, da gehst du oft mit herausforderndem Blick
hinaus und schlägst die Augen nieder, um nicht zu bemerken, wie
alle Leute, was sie in den Händen haben, stehen und liegen lassen
und gar nichts tun, als deine Herrlichkeit zu betrachten. — So
meinst du, aber das ist auch gefehlt; kein Blick wendet sich nach dir
und deiner Pracht. Das eine Mal meinst du, man sieht dich gar
nicht und das andere Mal, die ganze Welt hat auf dich gewartet,
um dich zu beschauen; aber beides ist gefehlt.
2. Gerade so ist’s auch mit deinen Tugenden und Lastern.
Wenn du einen bösen Weg gehst, meinst du, es kennt dich kein
Mensch, und keiner sieht sich nach dir um, und es ist stockdunkel;
wenn du aber dem Rechtschaffenen nachgehst, redest du dir oft ein,
jeder Pflasterstein hat Augen, jedes Kind kennt dich und deine
Gedanken, und tausend Sonnen scheinen. Aber das Gute wie das
Schlimme wird oft von der Welt übersehen. Ein Auge aber sieht
alles, das ist Gottes Auge.
Drum halte dich selber vor deinem Gott über dir und deinem
Gewissen in dir in Ehren; dann brauchst du nicht das eine Mal zu
fürchten, daß dich alles sieht, und dir dabei etwas vorzulügen, und
das andere Mal zu zürnen, daß dich niemand sieht.
Berthold Auerbach.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T84: [Körper Kopf Tier Fuß Bein Insekt Eier Zahn Nahrung Haut], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Iv. Naturkundliche Bilder.
192. Der Fuchs.
1. Der Regen verzieht. Der Wald schüttelt die lauen Tropfen aus
dem Haupte, und von der Heide steigt's erfrischend und würzig in die
Abendluft. In allen Schlupfwinkeln regen sich Flügel und Füße. Die
Mücken beginnen ihre Tänze; die Ameisen kriechen hervor, die verschwemmten
Straßen wieder herzustellen, der Fink schmettert aus dem Buchenwipfel
herab, und der Fuchs lauscht dort zwischen den Wurzeln einer alten Eiche.
Er „windet". Alles ist sicher. Mit einem Satze ist Reineke vor der
Tür. Das Ohr ist scharf herausgespitzt, ist gemacht, die über ihm auf
den Bäumen schlummernde Beute zu erspüren; das leiseste Geräusch, das
Zittern eines Blattes, das Zucken des träumenden Vogels hört er. Die
Nase ist fein und langgestreckt. An den Augen erkennt man sogleich
das nächtliche Raubtier; es spielt aus Grau in Grün, liegt halb in der
Höhle versteckt, am Tage zur senkrechten Spalte verengert. Der Mund
spaltet sich weit; denn der Fuchs ist ein Räuber. Ein sparsamer Bart
stellt sich in langen, zurückstrebenden Spitzen um die Oberlippe. Die
Lippen sind feingeschnitten und geschlossen. Öffnen sie sich aber, dann
blicken scharf und grimm die Zacken des Gebisses, die nichts Lebendes
entrinnen lassen, oder es knistert ein heiseres, hustenartiges Bellen hervor.
Den schlanken, hangenden Leib tragen schnelle Füße fast spurlos über den
Boden, und stattlich schmückt ihn die buschige Schleppe. Die Brust ist
weiß, sein Pelz schimmert rot und goldig; daher ist er Fuchs geheißen,
d. i. der Feuerfarbene.^
2. So schleicht, streicht und kreucht der Schlaue dahin. Er schmiegt
und biegt sich, ist vorsichtig, geduldig, ausdauernd, behend, allezeit ent-
schlossen: ein Meister über hundert Künste.
Er scheint den Abend in süßem Nichtstun verbringen zu wollen.
Inzwischen kommen ein paar junge Füchslein neben ihm zum Vorschein.
Klug forschend äugeln sie umher, legen sich in die Sonne und beginnen
allerhand Kurzweil. Das jüngste Söhnchen ist noch etwas täppisch. Es
sängt Grashüpfer und Käfer, zerzaust ihnen die Flügel, läßt sie zappeln,
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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bohrend und ab und zu sitzen bleibend, um irgend ein kleines Tier zu
verzehren. Einmal bleibt er lange sitzen; er hat eine alte Maus pfeifen
gehört, und vorsichtig pürscht er sich näher. Jetzt hört er sie dicht bei
sich vorüberhuschen. Gleich wird sie wieder zurückkommen, und dann hat
er sie. Aber gerade wie er zufahren will, löst sich ein grauer Schalten von
der Wagenleiter, die Maus quiekt auf, und das Käuzchen streicht, sie in
den dolchbewehrten Fängen haltend, auf die hölzernen Pferdeköpfe des
Stalles, und der Igel hat das Nachsehen.
7. Mürrisch begibt er sich weiter. Ein Kieferschwärmer, der am Nach-
mittage die Puppe verlassen hatte und sich, nachdem er seine Schwingen
fertig gereckt hat, nun zum ersten Fluge rüstet, verschwindet unter den
spitzen Zähnen. Ihm folgt eine Ackerschnecke; von der dicken schwarzen
Schnecke, auf die der Igel stößt, wendet er sich aber mit Ekel ab. Sie
riecht abscheulich und schmeckt scheußlich. Aber das laute, rollende Flöten,
da in dem anmoorigen Sande am Bachufer, das lockt ihn. Ein schnelles
Getrippel, ein fester Stoß, und schon ist die Maulwurfsgrille erledigt.
Weiter geht es am Bachufer entlang. Halt, hier hebt sich die Erde. Etwa
ein Maulwurf? Das wäre kein schlechter Fang. Oder gar eine Wühl-
maus? Das wäre noch besser. Ganz vorsichtig schiebt er sich vor. Lange
muß er lauern, ehe die Erde sich wieder rührt, aber schließlich kann er
zufahren. Er stieß zu kurz. Mit jähem Ruck wirft sich die schwarze
Erdwühlerin in den Bach, daß es plumpst, und nach einer langen Besinnungs-
pause wendet sich der Igel wieder den Eichen zu.
8. Hier ist ein Mistkäfer, da eine Raupe, dort ein Brachkäfer und
daneben ein Regenwurm, das wird so nebenbei alles mitgenommen. Aber
was ist das da, was sich da im Grase forlschiebt? Der Igel sträubt
die Kopfstacheln, steckt die Nase vor, rollt sich halb auf und trippelt so
aus die Beute los. Jetzt ist er bei ihr. Zsch, geht es, und einmal, zwei-
mal, dreimal fährt die halbwüchsige Kreuzotter gegen seinen Stachelpanzer.
Ein viertes Mal noch, dann aber nicht mehr. Er hat sie überrannt, hat
sie mit den Kopfstacheln an den Boden gequetscht, hat mit den
Zähnen ihren Hinterkopf gefaßt, und während sich ihr Leib in
wilden Kreisen dreht, zerkaut er erst den Kops und schmatzt ihn hinunter
und läßt den Leib hinterdrein wandern. Nach einem Viertelstündchen
verschwindet auch die äußerste Schwanzspitze, die sich immer noch windet,
in seinem Rachen/ Vorläufig ist er nun satt. Spaßeshalber faßt er noch
einen großen Taufrosch, der ihm dicht vor die Nase hüpft, an das Hinter-
bein; aber gerade als der Frosch seinen schrillen Todesschrei hören läßt,
gibt ihn sein Bezwinger frei, und der Frosch springt in gewaltigen, unge-
schickten Sätzen ab.
9. Der Juni geht hin und der Juli auch. Als die Frau des Schäfers
den Komposthaufen auseinanderstößt, findet sie in einem Haufen welken
f
TM Hauptwörter (50): [T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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die Sonne schön warm schien, traf er die alte Jgelin am Hellen Nach-
mittage vor der großen Hecke am Jmmenzaun, und er nahm sie mit und
setzte sie in den Schafstall, und als im März die Sonne die Oberhand
bekam, traf er fast jeden Abend einen Igel an, im Garten, auf dem Hose
oder unter den Eichen, und er hatte sein Vergnügen an ihnen.
12. Eines Tages aber kam eine Zigeunerhorde zugewandert, und der
Vorsteher wies ihnen die Heide bei den Eichen als Lagerstätte an.
Während die Männer sich überall herumtrieben und die Weibsleute wahr-
sagen gingen, zogen die Jungens auf die Jgeljagd. Sie hatten Stöcke, an
denen oben ein langer, dicker, spitzgefeilter Draht befestigt war, und damit
stachen sie in alle Laubhaufen, Hecken und unter die Schafstülle. Ab
und zu quietschte es, und einer von den Bengeln zog einen aufgespießten
Igel aus seinem Verstecke, den er dann totschlug.
Abend für Abend saß der Schäfer aus der Bank vor der Tür und
wartete auf seine Igel. Er sah sie nie wieder.
Hermann Löns.
194. Elternsorgen in der Tierwelt.
1. Schon so tief stehende Geschöpfe wie die Seeigel und so verachtete
Wesen wie die Würmer kennen trüb und unbestimmt die Mutterpflichten,
und dieses Pflichtbewußtsein, diese Sorgfalt, ja selbst diese Opferfreudigkeit,
sie steigern sich durch die Tierreihe, bis sie bei den warmblütigen Ge-
schöpfen, beim Vogel, Säugetier und Menschen, ihren höchsten Ausdruck
finden.
Rührend ist der Eifer, mit dem zahlreiche Tiere bestrebt sind, ihre
Eier passend unterzubringen. Sie werden niemals die Nachkommen kennen
lernen, die sich aus ihnen entwickeln werden, und doch scheuen sie nicht
Arbeit, nicht Gefahr, sie dahin abzulegen, wo der zukünftige Sprosse die
geeignete Nahrung finden wird. Wie wissen Schmetterlingsweibchen mit
ausgezeichneter Sicherheit die oft seltenen Pflanzen aufzufinden, von denen
ihre Raupe sich nährt! Wie versteht es der Oleanderschwärmer, der in
günstigen Jahren nordwärts über die Alpen zieht, in Gärten und Veranden
den schönen Futterstrauch seiner Larve, die hierzulande ein Fremdling ist, zu
entdecken! Wie fein muß der Geruch der Schmeißfliege sein, die aus großen
Entfernungen Fleisch, das noch nicht im mindesten in Fäulnis übergegangen
ifi, wahrnimmt! Die Bemühung und Ausdauer einer solchen Fliegen-
mutter, um ihre Nachkommenschaft unterzubringen, ist wirklich großartig
und sie kann unsere Hausfrauen durch ihre „unverschämte Zudringlichkeit",
wie diese Betätigung der Mutterliebe ungerechterweise genannt wird, ernstlich
erzürnen. Mit bewundernswerter Sicherheit wissen auch die Schlupfwespen
die unglücklichen Larven anderer Insekten aufzufinden, die sie anbohren
TM Hauptwörter (100): [T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
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272
um ihre Brut in ihnen unterzubringen. Man sollte meinen, eine Raupe,
tief im Stengel einer Pflanze versteckt, bliebe unangefochten, aber, — o
nein, unheimlich Lenau wissen manche Schlupfwespen, bei denen sich zu
diesem Zwecke merkwürdig lange Legestachel ausgebildet haben, ihre Schlacht-
opfer zu treffen. Aber es gibt noch wunderbarere Tatsachen. So legen
Schmetterlingsweibchen, deren Eier überwintern müssen, diese nicht an die
Blätter der Futterpflanzen, sondern an die Winterknospen (z. B. die Frost-
spanner und viele Wickler) oder an Zweige und Äste oder an und in die
zersprungene Rinde des Astes. Andere dagegen legen ihre Eier, aus denen
sich noch in demselben Jahre Raupen entwickeln, mit Vorliebe gerade auf
Blüten und Blatteile. Viele Spinnerweibchen haben die Gewohnheit, ihre
Wintereier mit den dichten Schuppen ihres Hinterleibes zu bedecken. Manche
Insekten erzeugen in besonderen Afterdrüsen eine Art Firnis, mit dem sie
ihre Eier zum Schutz gegen die Kälte überziehen; und die mütterlichen
Schildläuse decken auch nach ihrem Tode noch mit dem Rückenschilde ihre
Nachkommenschaft.
2. Die Spinnen sind keine anmutigen Tiere und wenig beliebt bei
den Menschen, aber auch sie nötigen uns Achtung ab durch die Weise,
wie sie für ihre Nachkommenschast sorgen. Viele von ihnen bauen für sie
kunstreiche Nester, die sie bewachen und mit Gefahr ihres Lebens ver-
teidigen. Andere Arten schleppen die in einem Säckchen eingeschlossenen
Eier bei drohender Gefahr ans dem Neste fort, und manche tragen eine
derartige Kinderwiege vorsorglich unter dem Leibe mit sich herum. Oft
habe ich meinen Spaß mit den kleinen Geschöpfen gehabt: ich nahm ihnen
ihr kostbares Eiersäckchen und legte es in ihrer Nachbarschaft auf den
Boden, und es war interessant zu sehen, wie emsig sie suchten und, man
möchte sagen, wie frohlockend sie auf ihr ein und alles zusprangen, sobald
sie es erblickten, und es rasch wieder mit von dannen nahmen.
3. Doch nun wollen wir uns für einen Augenblick an den Rand
jenes Wüsserleins setzen, in dem nebst allerlei anderm Getier auckp Stich-
linge hausen. Da kommt gleich einer geschwommen! Ein wundervoller
kleiner Kerl im Hochzeitskleide, durch und durch rot glühend. Gewiß sind
drüben in den dichten Wasserpflanzen Nester; wir wollen doch einmal sehen.
Wir brauchen nur mit dem Stocke darin herumzufahren, und gleich werden
die Männchen, denn das sind die Baumeister, verraten, ob sie schon zu
bauen ansingen, da sie dann wütend ans jeden Störenfried losfahren,
ohne Ansehen der Person, ob klein, ob groß, ob schwach, ob stark —
tapfere kleine Geschöpfe! Ah, richtig, da sind die jähzornigen Zwerge und
hier und hier ihre Bauwerke. Da hängen, an allerlei Wassergewächsen
befestigt, die runden Nester, die nicht größer sind als eine mäßige Kartoffel.
Nachdem das Weibchen ein bis zwei Schock kleiner wasserheller Eierchen
darin abgelegt hat, wird es vom Männchen verjagt und darf sich seiner
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Anblick zum Weinen. Vor wenigen Tagen noch war alles in schönster
Blüte; nun weit und breit gräßliche Verwüstung. Von der Krone bis
herab auf die Steine und die Erde wurden die armen Bäume abgefressen,
Blätter, Blüten, Früchte, Rinden. Die Gemüsegärten waren im Nu dahin
und in eine Wüste verwandelt. Im Laufe eines Tages war der ganze
herrliche Olivenwald von Beit-Djala mit seinen 100 000 Bäumen radikal
abgefressen, so daß die nackten Stämme nur noch die kahlen Äste traurig
von sich streckten. Wohl suchten sich die armen Landbewohner zu wehren.
fön den ersten zehn Tagen kämpften sie mit eiserner Tatkraft Tag und
Nacht gegen den Feind/ um ihre Feigen^ und Olivenbüume wenigstens
zum Teil zu retten./ Aber allmählich erlahmten die Kräfte, denn alle An-
strengungen waren nutzlos. Immer dichter kamen die Scharen; immer
wilder wurde ihre Gefräßigkeit. Bäume und Erde waren schließlich der-
maßen mit Heuschrecken bedeckt, daß man den Boden ebensowenig mehr
sah wie den Himmel. Eine saß an der andern. Wie ein Heer von
Soldaten blieben sie in Reih und Glied, und „keiner irrte den andern."
Und wenn man Tausende tötete, so kamen Millionen nach. Es lag wohl
manchmal ein Stück Galgenhumor darin, wenn die Landleute nach allen
fruchtlosen Anstrengungen einzelne aus den Milliarden packten, Kopf,
Hinterleib und Flügel ausrissen, sie in heißer Asche brieten und dann bei
der Familientafel zum Brot verzehrten. Es war aber ein trauriges
Brot, auf welches bei manchem armen Fellachen die Tränen über die Backen
herabliefen.
4. Aber auch hier kommt das Unglück selten allein. So furchtbar
die ungeheure Zahl der Heuschrecken ist, fast furchtbarer noch sind ihre
zahllosen Nachkommen. Die das Land abweidenden Heuschrecken legen
überall ihre Eier; aus diesen kriechen schwarze Larven hervor. Fliegen
können diese in verschiedenen Entwicklungsstufen noch nicht. Aber in
eherner Schlachtreihe rücken sie vor, oft eine Handbreit hoch übereinander
kriechend. Und was je die Heuschrecken übriggelassen haben, das fressen
sie vollends auf. Ihre Gefräßigkeit ist ebenso furchtbar wie ihre Hart-
näckigkeit. Haben sie einmal die Richtung eines Feldes eingeschlagen, so
wird sie keine Mauer noch irgend eine menschliche Macht von ihrem
Wege abbringen. „Wie Helden laufen sie," sagt Joel, „wie Krieger er-
steigen sie die Mauern, sie wechseln nicht ihre Pfade. Ein jeglicher
zieht stracks vor sich hin; durch Waffen stürzen sie hindurch! Was die
Heuschrecken übrig lassen, das fressen die Käser, und was die Käfer lassen,
das frißt das Geschmeiß." Damit deutet auch Joel auf die verschiedenen
Entwicklungsstufen jener Larven.
5. Alle menschliche Macht kann gegenüber diesem Feinde nichts er-
reichen. Sie ist wie eine Flintenkugel gegen Festungen, gleich einem schwachen
Mühlendamm gegen den mächtigen Rheinstrom. Hier muß eine höhere Hand
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544
es wurde ein heißer Tag. Es fing an, warm im Sattel zu werden.
Die Pferde wurden müde. Ein kleiner, schmaler Leutnant mit einem
zähen, hageren Gesicht und scharfen Augen ritt an meiner Seite
vorüber und sagte mit gedämpfter Stimme: „Wir sind keine drei
Kilometer von den Wasserlöchern.“ Er hatte in den letzten Tagen
nochmals eine gefährliche Patrouille geritten und kannte jeden Busch.
3. Da fiel vorn der erste Schuß. Wir waren mit raschem
Sprung aus dem Sattel; die Zügel flogen über den Pferdehals; die
Pferdehalter griffen zu. Unsere Kompagnie war nur 90 Mann stark;
zehn ließen wir bei den Pferden; nur 80 Mann gingen in den
dichten Busch hinein. Die Feinde schossen heftig und stießen kurze,
wilde Kufe aus. Ich sah einen von den unsrigen verwundet; er
kauerte und untersuchte seine Wunde am Schenkel. Ich sah noch
nichts vom Feinde. Aber da sah ich, einen Augenblick nur, ein
Stück von einem erhobenen Arm im graubraunen Kordrock und
schoß dahin. Dann lag ich und spähte auf ein neues Ziel. Es ging
lebhaftes Feuern hin und her. Der dritte Mann zu meiner Hechten,
der ein wenig nach vorn an einem Busch lag, zuckte zusammen.
Drüben schrie eine lachende Stimme: „Hast genug, Dütschmen?“
Der Kamerad sagte mit ruhiger Stimme: „Ich habe einen Schuß in
der Schulter“ und kroch auf allen vieren zurück.
Ich hörte durch all unser eigen Schießen, daß wir auch von
links her Feuer bekamen. Nun wurde dies Feuer stärker. Sie
kamen näher. In dichten Reihen krochen und schossen und schrien
sie heran. Zwei von meinen Nachbarn schossen nicht mehr. Wir
krochen um eine, zwei Körperlängen zurück. Sie schrien und riefen:
„Paß auf, Dütschmen! Paß auf!“ Und lachten wild. Andere
schrien: „Hurra, hurra!“ Es wimmelte von Menschen. Ich glaubte,
daß sie nun hervorbrächen im wilden Sturm, und daß es aus mit
uns wäre. Ich hatte wegen unserer Verwundeten eine furchtbare
vn< t für den Fall, daß wir zurück mußten. Ich nahm mir fest
vor, wenn das Kommando käme, laut zu rufen: „Die Verwundeten
.nitnehmen!“ Aber als ich es eben bei mir beschloß, kam ein Unter-
offzier mit einigen Mann und ermutigte uns durch einige Worte!
„! Itet! Ich schicke Hilfe.“ Bald darauf hörte ich hinter mir
etw is schleifen und klirren, und eine ruhige, sanfte Stimme hinter
nii. sagte: „Nu rück mal ein bißchen zur Seite.“ Das Rohr eines
Maschinengewehrs schob sich neben meinem Gesichte vor. Gleich
darauf knatterte es los. Die rasende Kugelsaat pfiff in die Büsche,
prasselte und pfiff. Wie schön das klang! Wie sicher und ruhig
ich schoß! „Getroffen habe ich!! Hast gesehn? Mensch, schieß:
Da — da!“
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125
126. Wer weis;, wo?
1. Auf Blut und Leichen, Schutt
und Qualm,
auf roßzerstampften Sommerhalm
die Sonne schien.
Es sank die Nacht. Die Schlacht ist aus,
und mancher kehrte nicht nach Haus
einst von Kolin.
2. Ein Junker auch, ein Knabe noch,
der heut' das erste Pulver roch,
er mußte dahin.
Wie Hoch er auch die Fahne schwang,
der Tod in seinen Arm ihn zwang,
er mußte dahin.
3. Ihm nahe lag ein frommes Buch,
das stets der Junker bei sich trug,
am Degenknauf.
Ein Grenadier von Bevern fand
den kleinen erdbeschmutzten Band
und hob ihn auf
4. und brachte heim mit schnellem Fuß
dem Vater diesen letzten Gruß,
der klang nicht froh.
Dann schrieb hinein die Zitterhand:
„Kolin. Mein Sohn verscharrt im
Sand.
Wer weiß, wo?"
5. Und der gesungen dieses Lied,
und der es liest, im Leben zieht
noch frisch und froh.
Doch einst bin ich und bist auch du
verscharrt im Sand zur ewigen Ruh'.
Wer weiß, wo?
127. Tod in Ähren.
1. Im Weizenfeld, in Korn und Mohn,
liegt ein Soldat, unaufgefunden,
zwei Tage schon, zwei Nächte schon,
mit schweren Wunden, unverbunden.
2. Durstüberquält und fieberwild,
im Todeskampf den Kopf erhoben.
Ein letzter Traum, ein letztes Bild,
sein brechend Auge schlägt nach oben.
3. Die Sense rauscht im Ährenfeld,
er sieht sein Dorf im Arbeitsfrieden,
ade, ade du Heimatwelt —
und beugt das Haupt und ist verschieden.
128. Heidelieder.
i.
1. Die Mittagssonne brütet auf der Heide,
im Süden droht ein schwarzer Ring.
Verdurstet hängt das magere Getreide,
behaglich treibt ein Schmetterling.
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241
dauert reichlich eine Stunde; alle Eingeweide und die Fische, welche
wegen ihrer Kleinheit den Transport nach Deutschland nicht ge-
nügend lohnen würden, werden mit großen Eisenschaufeln über die
Reeling geworfen und bald von den gierig in großen Scharen den
Dampfer umschwärmenden Möven verzehrt.
Während nun einige Matrosen mit Seewasser das Deck von
allem Unrat, besonders dem klebrigen Fischleim, reinigen, beginnt
unter Leitung des Steuermanns das Verstauen des Fanges. Mit
einem Flaschenzuge werden die reichlich einen Zentner Inhalt bergen-
den Körbe in den Raum hineinbefördert und die Fische in die
Bunker sortenweise gepackt. Auf je einige Zentner Fisch wird als-
dann eine handhohe Lage Eis geschichtet. So bleiben die Tiere
frisch, und nur noch ein wenig Blut färbt die Eisstückchen bräunlich.
6. Und was für Fische werden nun bei Island gefangen? Fast
dieselben wie in der Nordsee, nur daß sie wegen der reichlichen
Nahrung auch entsprechend größer sind. Tiere, die man in der
Nordsee unbedingt mitnimmt, werden wegen ihres geringen Gewichtes
und wegen ihrer Kleinheit (weniger als 50 cm) dem Meere zurück-
gegeben. Wohl der beste der Plattfische ist der Heilbutt; seine
Bauchseite ist weiß, die Rückenseite bräunlich-schwarz gefärbt. Wir
fingen Exemplare von über 1 m Länge und einem Gewicht bis zu
65 kg. Fast ebenso geschätzt sind die Schollen; sie tragen auf
ihrer grau-schwarzen Rückenseite kleine rötlich-braune Flecken, ihre
Gestalt ist rundlicher als die der Heilbutte, sie werden aber nur
0,50 m lang. Die bei weitem am häufigsten an Islands Küsten ge-
fangenen Fische sind der Kabeljau und der Schellfisch. Der erstere
wird dort bis zu 1 m lang; die Schellfische dagegen erreichten in
unseren Fängen wiederholt Größen von 1,30 m. Vom Kabeljau und
Schellfisch können die Islandfahrer fast nie genug nach Deutschland
heimbringen.
7. Schweigsam und ernst verrichten die Fischer im hohen Norden
ihre Arbeit; kurz, oft nur einen Tag, währt in der Hauptfischzeit
ihr Aufenthalt in der Heimat, dann geht's zum neuen Fang hinaus.
V enn die Direktion der Fischereigesellschaft gerade genügend mit
Fisch versehen ist, wird die ganze Ladung nach Bremerhaven ge-
schafft, um dort in der Auktion zu gutem Preise im ganzen verkauft
zu werden. Bedarf und Jahreszeiten regeln die Werte, bei denen
gewaltige Schwankungen an der Tagesordnung sind. Ganz besonders
zur Fastenzeit bedarf der katholische Teil des deutschen Vaterlandes
und Österreichs der schönen Islandfische; nicht genug davon können
dann unsre kleinen, flinken Dampfer heimbringen. — Jahrzehnte schon
liefert für Deutschland und England das Meer am sagenumwobenen
Kappey u. Koch, Deutsches Lesebuch für Mittelschulen. V. 16
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel]]
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Island Nordsee Nordsee Deutschland Bremerhaven Deutschland England
268
Mäuse kurz. So treiben sie denn ungescheut schon am späten Nachmittage
im Garten oder aus dem Hofe oder unter den Eichen ihr Wesen, und
Wasser und Lord, die beiden alten Hunde des Schafmeisters, kümmern
sich nicht mehr um sie; nur Widu, der junge Hund, ist noch etwas albern
und quält sich dann und wann ein Viertelstündchen mit einem Igel ab,
um schließlich mit zerstochener Nase das Spiel aufzugeben. Auch heute
hat er das so getrieben und hat sich endlich ärgerlich und müde vor den
Herd gelegt, wo er schläft und im Traume das Stacheltier weiter verbellt.
4. Der Igel hat noch eine volle Viertelstunde zusammengekugelt da-
gelegen, dann hat er sich aufgerollt und ist in das Gestrüpp des Hägens
gekrochen. Er hatte vor, im Garten Schnecken zu suchen, aber der dumme
Hund brachte ihn davon ab. Und nun krabbelt er in dem alten Laube
herum, scharrt in dem Mulm und verzehrt laut schmatzend bald einen Regen-
wurm, bald eine Schnecke, dann eine Assel und nun eine dicke Spinne. Und
jetzt geht es wie ein Ruck durch ihn; er hat junge Mäuse pfeifen gehört^
Ein Weilchen noch verharrt er in seiner aufmerksamen Haltung, dann schleicht
er vorwärts, macht einen kleinen Satz und stößt seine Nase in einen Knäuel
fahlen Grases, der zwischen den Ortsteinen der Hofmauer steckt. Sechs-
mal stößt er zu, und jedesmal erklingt ein dünner, schriller Todesschrei.
Dann langt er sich die jungen Mäuschen heraus und schmatzt sie hastig auf.
5. Ein Weilchen schnüffelt er noch an dem Mauseneste herum, dann
trippelt er weiter, ab und zu fauchend oder stehen bleibend und sich mit
Krallen oder Zähnen heftig da juckend, wo Flöhe und Holzböcke ihn am
meisten zwicken. Bald langsam, bald eilig begibt er sich nach dem Eichen-
hain. Dort gibt es immer allerlei im Grase, ein Taufröschchen oder eine
fette Raupe, ein Mäuschen oder auch einmal einen jungen Vogel, der
aus dem Neste siel. Brr, macht es laut, und ein dickes, hartes Ding
stößt mit hartem Anprall an die blutende Eiche. Es ist ein Hirschkäfer.
Er hat gefunden, was er suchte. Gierig streckt er die goldgelbe Pinsel-
zunge in den gärenden Saft. Da raschelt es hinter ihm. Wütend dreht
er sich um und spreizt die scharfbewehrten Zangen. Aber schon hat der
Igel ihn gefaßt, ihm den Leib abgerissen, und während der Kopf des
Käfers im Grase liegt und mechanisch die Zangen öffnet und schließt,
knabbert der Igel den dicken Hinterleib vollends auf. Dann jagt er unter
den Schafställen weiter und sucht einen nach dem andern ab.
6. Viel ist heute da nicht zu sinden. Einige Spinnen, etliche Käfer,
auch ein gutgenührter Regenwurm, das ist alles. Es ist zu trocken gewesen
den Tag über, die Junisonne hat es reichlich gut gemeint, und der Wind
ging scharf; das gibt schlechte Jagd. So schiebt denn der Stachelrock nach
dem Bache zu; vielleicht, daß sich dort die Jagd besser lohnt. Unterwegs
dreht er jedes Blatt um und scharrt jeden Grasbusch auseinander, immer
prüfend und schnaufend und seine Nase in das Moos und in die Blätter
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